Pharmakotherapie der psychotischen Depression: Strategien im Vergleich
Mangels ausreichender wissenschaftlicher Daten existieren keine Empfehlungen, welche Arzneimittel optimalerweise zur Therapie der Depression mit psychotischen Symptomen eingesetzt werden sollten. Ein europäisches Forscherteam beschäftigte sich nun mit dieser Fragestellung: Es beurteilte und verglich im Rahmen einer Übersichtsarbeit mit Netzwerk-Metaanalyse verschiedene Pharmakotherapiestrategien bezüglich ihrer Wirksamkeit und Sicherheit.
Mittels systematischer Literaturrecherche identifizierten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler 16 thematisch relevante randomisierte kontrollierte Studien, an welchen Menschen mit einer akuten depressiven Episode mit psychotischen Symptomen teilgenommen hatten. Die Forschenden berücksichtigten dabei Personen jeden Alters mit der Diagnose Major-Depression oder bipolare Störung sowie stationäre und ambulante Behandlungen. Folgende Substanzklassen waren in den Studien zum Einsatz gekommen: Noradrenerge und spezifische serotonerge Antidepressiva, selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI), Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer, trizyklische Antidepressiva sowie Antipsychotika der ersten und zweiten Generation. Den primären Effektivitätsendpunkt bildete die Therapieansprechrate, also der Anteil der Studienteilnehmenden, welche gemäß der in der Originalstudie angewendeten Definition auf die Pharmakotherapie angesprochen hatten. Den primären Sicherheitsendpunkt bildete die Therapieakzeptanz, welche die Forschenden anhand des Anteils der Studienabbrecher objektivierten.
Ergebnisse
An den Studien hatten 1161 Personen mit psychotischer Depression teilgenommen. Sie waren im Schnitt 50,5 Jahre alt, 44,4% waren Frauen, 36,3% Männer und in 19,2% der Fälle lagen keine Informationen zum Geschlecht vor. In die Netzwerk-Metaanalyse flossen Daten aus 14 Studien ein. Die Auswertung im Hinblick auf die therapeutische Effektivität ergab: Im Vergleich zu Placebo ging lediglich die Kombination aus Fluoxetin und Olanzapin mit einer signifikant höheren Ansprechrate einher (Risk Ratio/RR 1,91; 95% KI 1,27–2,85). Unterschiede in der Therapieakzeptanz verzeichneten die Forschenden dabei nicht. Im Kopf-an-Kopf-Vergleich der aktiven Therapien zeigte sich sowohl unter Amitriptylin plus Perphenazin als auch unter Amoxapin eine signifikant höhere Therapieansprechrate als unter Perphenazin allein (RR 3,61; 95% KI 1,23–10,56 bzw. RR 3,14; 95% KI 1,01–9,80) und Fluoxetin plus Olanzapin war der Olanzapin-Monotherapie überlegen (RR 1,60; 95% KI 1,09–2,34). Weiterhin erwiesen sich sowohl Venlafaxin plus Quetiapin als auch Imipramin im Hinblick auf die Ansprechrate als signifikant effektiver als die Venlafaxin-Monotherapie (RR 2,25; 95% KI 1,09–4,63 bzw. RR 1,95; 95% KI 1,01–3,79). Weiterhin analysierten die Forschenden die Pharmakotherapiestrategien unter dem Aspekt des Wirkmechanismus. Diesbezüglich berücksichtigten sie 10 verschiedene Interventionen inklusive Kombinationen von Substanzklassen. Das Ergebnis: Im Vergleich zu Placebo wies die Kombination aus einem SSRI und einem Antipsychotikum der zweiten Generation eine signifikant höhere Therapieansprechrate auf (RR 1,89; 95% KI 1,17–3,04). Unterschiede in der Therapieakzeptanz bestanden hier ebenfalls nicht. Auch im Kopf-an-Kopf-Vergleich der aktiven Therapien unter dem Aspekt der Wirkmechanismen erwiesen sich Kombinationen aus Antipsychotika und Antidepressiva im Vergleich zu Monotherapien der beiden Substanzklassen als deutlich effektiver.
Fazit:
Nach Einschätzung der Forschenden stellt die Kombination aus einem SSRI und einem Antipsychotikum der zweiten Generation – insbesondere Fluoxetin und Olanzapin – die optimale Pharmakotherapie für Menschen mit psychotischer Depression dar. Sie hoffen, dass ihre Analyse den klinischen Alltag und die Leitlinienentwicklung bereichern kann, mahnen allerdings angesichts der relativ kleinen Studienzahl zur vorsichtigen Interpretation der Ergebnisse. Weitere Untersuchungen sind dringend notwendig, meinen sie.
Quelle:
Lorenz J. Pharmakotherapie der psychotischen Depression: Strategien im Vergleich. PSYCH up2date 2024; 18(05): 361 – 362. doi:10.1055/a-2373-6213
Publikationsdatum: 9. September 2024 (online)
Autor Studienreferat: Dr. med. Judith Lorenz, Künzell